KARFREITAG 1987


Vorbemerkungen:


Jesus ist tot.

Die Jünger sind geflohen.

Aus Angst. Angst vor den Behörden und Menschen, die Jesus verurteilten. Angst vor ihrem eigenen Mut, mit dem sie Jesus folgten.

Nun ist alles vorbei. Alles ist aus.

Wie war es denn, als es begann?

Menschen hoffen auf eine neue Welt. Sie haben Sehnsucht. Immer wieder hatten die Profeten die Hoffnung hochgehalten: Der Messias wird kommen und das Reich Gottes, eine Welt der Liebe und des Friedens errichten. Eine Welt in der die Waffen zu Pflugscharen geschmiedet dem Leben dienen. Eine Welt, in der die Mauern zwischen Menschen und Nationen geschleift werden. Eine Welt in der man ohne Angst leben kann.

Dann tritt Jesus auf. Er liebt die Menschen. Er zeigt: Jeder ist von Gott geliebt. Er lebt diese Liebe.

Er fragt nicht, ob es erlaubt ist. Er läßt es zu, daß seine Jünger am Sabbat Ähren rupfen, weil sie Hunger haben. Er heilt am Sabbat Kranke. Das ist gegen die Sabbatgesetze.

Jesus fragt nicht, ob andere daran Anstoß nehmen. Er geht zu Sündern und ißt mit ihnen. Von einer Dirne läßt er sich die Füße salben und liebkosen. Das ist gegen jede Konvention.

Jesus fragt nicht, ob einer Jude oder Heide ist. Als ein römischer Hauptmann um seine Hilfe bittet, verweigert er sich nicht.

Jesus fragt nicht nach Ruf und Konvention. Er liebt die Menschen und predigt das Reich Gottes. Er macht Menschen Mut, ihm zu folgen. Er macht ihnen Mut ihre Hoffnungen und Sehnsüchte anzunehmen. Sie durchbrechen ihre eigenen Mauern aus Angst, Unsicherheit und Bequemlichkeit.

Aber dann: Die Gesetze der Menschen sind stärker. Angst und Unsicherheit wehren sich gegen das Neue, das die gewohnte Ordnung in Frage stellt. Nur keine Unruhe! Jesus wird zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Jesu Freunde verlieren den Mut. Sogar Petrus leugnet, zu ihm gehört zu haben. Der Mut, den Jesus mit seinem Reden und Handeln gemacht hat, ist dahin - begraben mit Jesus, begraben in den verzagten und ängstlichen Herzen.

Jesus ist tot und mit ihm die Hoffnung.

Wo stehen wir in dieser Geschichte?

Wagen wir es, unsere Hoffnung, unsere Liebe, aber auch unseren Wunsch nach Liebe und Wärme, unsere Sehnsucht nach einer neuen und friedlichen Welt zu setzen gegen Mauern und Ängste in uns, gegen Normen und Berechnung, gegen Besitzdenken und Stehen wir auf der Seite derer, die Jesus allein lassen, wenn es darauf ankommt?

Während der Besinnungstage sagte eine Teilnehmerin: Wir sind es ja selbst, die Jesus verurteilen, wenn wir andere verurteilen, die Konventionen und Normen durchbrechen, wenn wir die verurteilen, die wir nicht verstehen, weil sie nicht in unser kleinkariertes Denken passen.

Stehen wir auf der Seite der Ankläger, die Jesus verurteilen, weil er nicht in ihre Normen, Konventionen und Gesetze paßt?


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